Polieren, Schleifen, Lackieren

Lackiert wird zu schnell. Poliert reicht oft nicht aus. Vielleicht lässt sich das nicht ganz so knapp sagen, aber die Beobachtung ist, dass ältere Boote oft schnell lackiert werden, mal gut mal weniger gut. Dabei haben alte Boote oft relativ dicke Gelcoat Schichten, die sich mehrfach aufbereiten lassen. Und es gibt nichts (wenig) besseres als ein Gelcoat, um Stöße, Entlangschrammen usw. auszuhalten. Man muss sich aber natürlich den Zustand erstmal verdeutlichen:

Risse, Löcher oder abgeplatzes Gelcoat lässt sich nicht aufbereiten. Hier muss erst repariert werden. Das gilt allerdings auch vor einer Lackierung.

Polyestergelcoat für sich ist allerdings sehr langlebig und robust, selbst wenn es sehr genutzt und belastet wird. Es altert allerdings bei schlechter Pflege und viel Sonne in unterschiedlicher Form. UV-Strahlung oder andere Einflüsse können die Färbung verändern (je nach verwendeten Pigmenten und Zuschlagstoffen nachdunkeln oder ausbleichen), es kann zu einer Mattierung kommen oft verbunden mit dem Entstehen einer Verwitterungsschicht, es zeigen sich Auskreidungen oder schlicht Kratzer. Qualität, Pflege, Nutzung und Farbe haben Einfluss darauf, welcher Zustand sich letztlich einstellt.

Farbveränderungen: Sie lassen sich am besten erkennen, wenn man einen alten Aufkleber am Boot hat, der sich entfernen lässt. Die Originalfarbe verbirgt sich darunter. Oft bleibt der Aufkleber sogar als deutliche Erhebung zu erkennen, weil das Gelcoat rundum wegverwittert ist. Die Farbveränderung kann sehr tief in die Gelcoatschicht reichen. Daher bleiben entfernte Aufkleber bspw. Zierstreifen oder Bootsnamen oft weiterhin erkennbar, selbst wenn man das umliegende Gelcoat viel poliert oder schleift.

Mattierung/Verwitterung: Das Gelcoat wird stumpf und es kann sich ein leichter Schleier bilden, der sich zwar wegwischen lässt, aber immer wieder erscheint, sobald das Gelcoat trocknet. Auf farbigen Gelcoats ist das sehr deutlich zu sehen, aber auch auf hellem Gelcoat kann dies sehr deutlich zu erkennen sein.

40 Jahre altes schlecht gepflegtes mattes verwittertes Gelcoat mit Grauschleier

Auskreidungen: Bei Auskreidungen lösen sich aus dem Gelcoat die festen Bestandteile/Zuschlagstoffe förmlich aus. Dies kann so weit gehen, dass das Gelcoat bei genauer Betrachtung unter der Lupe wie eine Kraterlandschaft erscheint. Sofern sich Schmutz festsetzt werden Auskreidungen dann bspw. als kleine Punkte sichtbar.

Auskreidung mit deutlichen Verschmutzungen

Kratzer: Da sich auch Schmutz darin festsetzt, erscheinen viele Kratzer deutlich schwerer als sie eigentlich sind. Damit ein Kratzer wirklich durchs Gelcoat aufs Laminat reicht, muss es ganz schön Krachen. Dann ist auch oft eine Reparatur zwingend.

[bild mit Kratzer]

  1. Waschen, Waschen, Waschen. Schmutz, Kalk und vor allem Wachs und Fettschichten müssen runter. Die Reinigungsmittel sollten entfettenden und/oder entkalkenden Charakter haben und frei von weiteren Zusätzen sein. Da die meisten Entkalker (Zitronensäure, Amidosulfonsäure usw.) auch Fette lösen, bietet es sich an erst die Entkalker und dann die Entfetter einzusetzen. Wie im Haushalt lohnt sich auch warmes und weiches Wasser. Auch eine Autowaschanlage arbeitet vor allem mit warmem und weichem Wasser.
  2. Danach kann man eine Schleifprobe machen. Es werden zwei bis drei kleine Flächen in ähnlichem Zustand markiert. Da die meisten Boote aus einer Rumpfschale und aus einem Deck bestehen, kann es auch sein, dass man für Rumpf und Deck getrennte Schleifproben machen muss und zu einem unterschiedlichen Ergebnis kommt. Die Schleifprobe dient dazu, den Schleifgrad zu bestimmen bis zu dem man runtergehen muss, um ein gutes Ergebnis mit möglichst wenig Abtrag zu erzielen. Beim Schleifen gibt es die Daumenregel, die Körnung höchstens zu Verdoppeln. Bei der Aufbereitung von Gelcoat ist eine Abstufung von 800, 1000, 1500, 2000 und 3000 ganz brauchbar. Muss man noch gröbere Körnung einsetzen (600er/400er) sollte genau geprüft werden, wie stark der Abtrag ist und bei Rundungen, Kanten oder intensiv genutzten Flächen muss sehr feinfühlig am besten von Hand geschliffen werden. Dann ist auch ein Trockenschliff effektiver (mit Absaugung usw.). Bei der Schleifprobe wird nun der ganze Durchlauf getestet. Auch die Drehzahl und die Anzahl Schleifbewegungen wird genau so durchgeführt, wir später bei den großen Flächen.
Spiegelndes Fenster auf der Probefläche im Gegenlicht. Bei 1500er Papier als Anfangskörnung bleibt ein leichte Mattierung.
Bei 1000er Körnung als Startpunkt wird die Probefläche gleichmäßig glänzend. Ein weiterer Probeschliff mit 800er Papier hat keine Verbesserung mehr gebracht.

3. Schleifen, Schleifen, Schleifen. Ein 5m Boot benötigt einen ganzen Tag. Schleifpapier nicht einzeln kaufen, sondern gleich im Karton. Nach dem Waschen, Waschen, Waschen wird mit dem gröbsten Papier begonnen. Dabei das Gelcoat immer wieder mit einem großen Schwamm feucht abwischen und auch das Papier regelmäßig abwischen. Es muss sich ein Schleifschlamm auf dem Gelcoat bilden, aber es dürfen keine Ablagerungen auf dem Papier entstehen. Das Schleifpapier muss regelmäßig gewechselt werden. Feineres Schleifpapier kann man auch mehrfach nass abwischen, um Verschmutzungen zu entfernen. Ein leichter Exzenter mit guter Drehzahlregelung ist von Vorteil. Bei 1000er Papier sollte der Exzenter im mittleren Bereich, eher langsam also laufen. Die Flächen systematisch und in alle Richtungen (hoch-runter, diagonal, horizontal, kreisend) langsam schleifen. Den Schleifstaub nach der ersten Runde sorgfältig abwaschen und dann den nächsten Karton Schleifpapier öffnen. Muss man mit 1000er beginnen, hat man also vier komplette Schleifgänge vor sich. Bei feinerem Papier kann man dann die Drehzahl immer etwas erhöhen. Allerdings ist es kontraproduktiv, wenn man auch den Exzenter schneller bewegt bzw. „schneller“ schleift. die Schleifdauer pro Fläche bleibt auch mit der feineren Körnung gleich.

Ohne erneute Grundreinigung kann man das Ergebnis zwischendrin nicht beurteilen, weil sich immer ein Schleifschleier auf das Gelcoat legt. Daher ist es wichtig, die Schleiftiefe mit dem Probeschliff zu bestimmen, sonst müsste man evtl. den ganzen Vorgang nochmal durchführen. Und man benötigt viel Geduld. Der Vorgang lässt sich nicht beschleunigen. Die Aufbereitung des Gelcoats per Schleifen ist bei Booten mit ordentlichem Polyestergelcoat mehrfach im Bootsleben möglich. Man sollte aber immer im Blick haben, dass man je nach Schleifgrad und -intensität auch viel Material abtragen kann.

Geduld. Der Kratzer war vor dem Schleifen ca. 5mal so lang. Nach dem Schliff mit 1000er Körnung wirkt er kleiner, aber erst nach der dritten Runde mit 2000er Körnung verschwindet er.

Nach dem Schleifen muss mit viel Wasser und Microfasertüchern gründlich gereinigt werden. Abspritzen mit dem Hochdruckreiniger genügt in der Regel nicht, um den Schleifstaub zu entfernen. Danach muss noch poliert und gewachst werden. Welchen Grad man bei der Politur wählt und wie stark man nach dem Wachsen auf Hochglanz poliert hängt vom persönlichen Ehrgeiz ab. Nach meiner Erfahrung bringt das Auspolieren des Wachses nur ästhetischen Gewinn.

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